BioMed Central plant, ihre Prepaid-Verträge (der einzige – und oft begangene – Weg für Konsortien, Rabatte auf Publication Charges zu bekommen) auf eine Art und Weise umzustellen, die bei mir einige Fragen aufwirft:
Bisher haben institutionelle BMC-Mitglieder Vorab-Rechnungen über die voraussichtliche Zahl der in einem Jahr veröffentlichten Artikel der jeweiligen Institution erhalten. Das war schon ein schwer durchschaubares Verfahren, weil die Zahl hochgerechnet wurde und natürlich nie eintraf: Vorauszahlungen und Nachzahlungen waren an der Tagesordnung. Meist lief es darauf hinaus, dass die Universitäten BMC mit ihren Vorauszahlungen eine Art kostenlosen Kredit einräumten. Irgendwann gewöhnte sich BMC wohl an diese Kredite (man hatte jedenfalls diesen Eindruck, da immer höhere Artikelzahlen errechnet wurden – vielleicht war das Modell aber auch nur so wahnsinnig erfolgreich …) und man sann auf neue Arten der Kreditmaximierung: Jetzt sollen vorab nicht nur die vermutlich akzeptierten Artikel in Rechnung gestellt werden, sondern alle eingereichten Artikel. Obwohl nie mehr als 50% akzeptiert werden, könnte ja – so die Argumentation – doch eines Tages mal alle 100% publiziert werden. Wenn nun die Universität auch noch pleite geht (ein durchaus wahrscheinliches Szenario 😉 ), würde BMC auf seinen Kosten sitzen bleiben.
Each client in debt have their Membership suspended until the balance goes back to a positive one. Each customer is required to have enough funds in their balance to cover the full cost of all articles in submission.
Kommentar: Irgendwie sind mir das zuviele Eventualitäten, die BMC hier ins Kalkül zieht, um die finanzkalkulatorischen Daumenschrauben anzuziehen. Begründet wird dies mit dem winzig kleinen Risiko, für veröffentlichte Artikel kein Geld zu bekommen. Hallo, BMC? Ihr handelt doch nicht mit windigen Gestalten, sondern mit Universitäten! Außerdem geben wir euch doch durch die Prepaid-Membership einen zinslosen Langzeitkredit! Wenn ihr den jetzt noch auf wahnwitzige 100% aller Submissions aufstocken wollt, dann müßt ihr euch nicht wundern, wenn ganz schnell ganz viele Universitäten eurem ganz schön doofen Prepaid-Modell fernbleiben. Unis wollen nämlich kalkulierbare Vertragspartner und handfeste Rechnungen haben, im Nachhinein, nicht im Vorhinein!
Um das Mass voll zu machen, ist sich BMC nicht zu schade, mit dem sofortigen Verlust der Mitgliedschaft zu drohen, sollte die Vorauszahlung nicht alle Submissions abdecken. Aus dem anfänglichen Werben um die Universitäten als Hort der Autoren und genuinen Quelle der Handelsware wird nun – nachdem man mittlerweile pleasantly profitable ist – ein knallhartes Geschäft mit Mangel an Fingerspitzengefühl. Solange ich Bibliothekar bin, habe ich noch nie von einem Bibliotheksanbieter gehört, der mit Kündigung droht. Was ist das für ein Geschäftsgebahren? So geht man nicht mit langjährigen Kunden um, wenn man die zufriedenstellen und behalten will.
BMC hat nichts nötiger als einen guten Kontakt zu seinen Kunden, die gleichzeitig seine Milchkühe sind. Dies jetzt durch merkwürdige Rechnungs-Winkelzüge aufs Spiel zu stellen, ist überzogen, ja dumm und macht nachdenklich:
- Steht ein Verkauf kurz bevor, muß man seine Bilanz aufschönigen?
- Ist das Open Access-Geschäftsmodell (mittlerweile) so erfolgreich und eingebürgert, dass BMC die Machtposition hat, diese Bedingungen zu stellen?
- Oder ist BMC einfach nur überfordert? Das wäre nicht das erste Mal, dass man Kunden durch weltweit höchste Steigerungsraten der Gebühren, ein „untenable“ Modell, schlechte Betreuung usw. zutiefst verärgert, so dass diese am unsustainable experiment nicht mehr teilhaben wollen.
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