Inetbib-Tagung: E-science: Welche Vision soll da eigentlich Wirklichkeit werden?

Von Karin Schulenborg:
Prof. Dr. Achim Oßwald: „E-science: Welche Vision soll da eigentlich Wirklichkeit werden?“ (Abstract) Der Vortrag von Prof. Dr. Oßwald verdeutlichte die Möglichkeiten, die für die Wissenschaft durch grid entstehen. Grid ist englisch und bezeichnete ursprünglich ein Gatter, das Viehweiden voneinander trennt. Heute benutzt man es im IT-Bereich im Sinne von Netz bzw. Vernetzung. Ein Großteil der geleisteten Arbeit findet heute schon im Netz statt. Auf Ressourcen im Sinne von Software, Hardware und Daten wird heute über das Internet zugegriffen. Allerdings gibt es noch einige Einschränkungen: PC-Arbeit ist eher kooperativ als kollaborativ, d. h. Man greift vielleicht auf die gleichen Daten zu, speist aber nicht in einen gemeinsamen Datenpool hinein.
Ein Grund hierfür ist sicher die Tatsache, dass es zwar inzwischen Millionen von PC, Datenspeichern und Messinstrumente auf der Welt gibt, diese aber nicht oder nur zum Teil kompatibel sind. Herr Prof. Oßwald nannte als Beispiel, dass man auf einer Tagung wie dieser ja auch nie sicher sein könne, ob alles anschließbar sei und zum Beispiel Powerpoint-Folien auch so dargestellt würden, wie man sie zu Hause zusammengestellt hätte. Ein weiteres Problem sind lizenzpflichtige Ressourcen, da man dem Lizenzgeber gegenüber meistens verpflichtet sei, die Ressourcen nur einer bestimmten Gruppe zugänglich zu machen.
In der Zukunft sollen durch Mittel von Grid mehrere Computer zusammenarbeiten können. Ziel ist es dann, die Ressourcen gemeinsam nutzen zu können, und es so keine Begrenzung der verarbeitenden Kapazität mehr gebe. Ein Beispiel dafür sei der „Supercomputer“ im Forschungszentrum Jülich. Der Überblick wo sich die Hardware, Software und Daten befindet bleibt dem Benutzer dann allerdings vorenthalten. Aber wenn etwas dann nicht funktioniert, wie finde ich dann den richtigen Ansprechpartner? Mir kommen da gerade diese schrecklichen Telefonkunden-Hotlines mit ihrem ‚Dafür sind wir nicht zuständig, wir verbinden Sie weiter’ ein ;-( ! Als Anwender will ich doch eigentlich nur dass es funktioniert!
Es gäbe dann allerdings auch die Möglichkeit, virtuelle Organisationen oder Arbeitsgruppen zu bilden. Kooperationen zwischen Institutionen werden erleichtert und Synenergien könnten entstehen.
Voraussetzungen dafür sind allerdings eine leistungsfähige IT-Infrastruktur, Hochleistungsnetze und natürlich eine Software, die E-science möglich macht. Sehr wahrscheinlich müsste eine sog. Middleware, die zwischen den einzelnen Softwaren vermittelt zum Einsatz kommen. Für die vernetzten Informationsdienstleistungen – sprich für Bibliotheken – bedeutet E-science, die Möglichkeit
· Auswahl und Zusammenführung von Quellen und Bezugsdaten
· Verknüpfung von Publikationen und Daten
· Verlinkung mit Normdaten
· halbautomatische Generierung von Metadaten

Für Wissenschaftler bedeutet E-science, dass wissenschaftliches Arbeiten transparenter, aber auch kontrollierbarer werden. Sie werden unabhängiger von der IT-Kompetenz ihrer Institution, die eigenen IT-Kenntnisse werden aber auch wichtiger. Teamfähigkeit hat einen immens hohen Stellenwert. Neue Anerkennungssystem, in denen der Anteil des einzelnen Bearbeiters deutlich wird müssten geschaffen werden. Alles im allen ist E-Science die wissenschaftliche Arbeitsweise der Zukunft. Allerdings stellt Herr Prof. Oßwald drei – meiner Meinung nach – wichtige Fragen

  1. Wie kann die Ungleichzeitigkeit der Einführung von E-science in den einzelnen wissenschaftlichen Disziplinen ausgeglichen werden. Naturwissenschaft, insbesondere die Physik gegen die Geistes- und Sozialwissenschaften?
  2. Wie kann eine Chancenunkgleichheit vermieden werden ( Stichwort: digital divide, und wer sich die teuren Sachen nicht leisten kann, der darf/kann nicht mitmachen?)
  3. Wie mache ich den Wissenschaftlern/Studierenden klar, dass sie ‚Teamspieler’ sein müssen, andererseits es immer mehr darauf ankommt, der beste, schnellste, größte zu sein? Fördergelder werden zum Teil ja auch „erfolgsabhängig“ bewilligt. In einer Gemeinschaftsarbeit müsste dann ja der eigene Anteil deutlich gemacht werden können. Und wer garantiert mir, dass mein größter Konkurrenz meine Arbeit nicht nutzt und sie als seine ausgibt?

Schon während des Vortrages und noch mehr während des Schreibens dieses Textes dachte ich, dass die Verbundkatalogisierung der hbz-Bibliotheken doch eigentlich auch ziemlich „grid“ ist, oder? Ich meine wir speisen einen gemeinsamen Pool mit unseren Titeldaten und greifen auf die Daten zu , die Kollegen vor uns bearbeiten haben und hängen nur noch unsere lokalspezifischen Daten dran. Wobei ich das „nur noch“ mal ganz feste in Anführungszeichen setzen möchte!

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