Nature Publishing Group verspielt Reputation mit aggressiver Preispolitik

Siehe auch Abstimmung rechts!

Wie bekannt, kämpft die Nature Publishing Group (NPG) seit einigen Jahren mit allen Mitteln um einen größeren Marktanteil im Zeitschriftengeschäft. Nun sind erste Preisinformationen zur Nature Clinical Practice Series (NCP) durchgesickert (NPG selber gibt keine Infos preis). Die hier geäußerten Befürchtungen wurden noch weit übertroffen. Das Site License Pricing Schema sieht folgendermassen aus:

  • (Tier 1) 1-500 Science FTE: 1.750 £
  • (Tier 2) 501-2.000 Science FTE: 2.320 £
  • (Tier 3) 2.001-5.000 Science FTE: 2.785 £
  • (Tier 4) 5.001-10.000 Science FTE: 3.238 £
  • (Tier 5) ab 10.000 Science FTE: 4.270 £

Zur Erinnerung: Die persönliche Ausgabe kostet 86 £ (print & online), die für Institutionen 500 £ (nur print). Die Site License würde somit für ein durchschnittliches Uniklinikum (Tier 4: 1.000 Ärzte/Wissenschaftler, 2.000 Studenten) mit 3.238 £ das Sechseinhalbfache des Printabos (und das 38-fache der Personal Subscription) kosten. Wieso Tier 4? Zu den Science FTE zählen auch die Wissenschaftler und Studenten der Fachbereiche Biologie, Chemie und Physik! (Diese Zuordnung mag für die Nature Research Series und die meisten Titel der Review Series noch angehen, ist aber für die NCP blanker Unsinn und ist nur wieder ein Beweis für das – ebenso – blanke Profitstreben von NPG).

Für eine größere Uni käme mit 4.270 £ (das sind 6.234 €) das Achteinhalbfache (50-fache vs. personal subs.) zusammen. Für eine Zeitschrift, die sich gerade erst am Markt etablieren will, kann man das nur als Unverschämtheit bezeichnen. Aber der Knackpunkt liegt auf „etabliert“. Nature kann sich das leisten, mit dem „Endpreis“ anzufangen – es muß sich nicht erst etablieren. Der Name ist Programm: Wo Nature draufsteht, wird – über kurz oder lang – auch Nature-Qualität drin sein, bei dem Editor-in-Chief und dem Advisory Board ist das quasi garantiert (Liebe Heidelberger, schreibt dem Volker Diehl mal einen Brief !). NPG orientiert sich mit dieser Preispolitik offensichtlich an Nature Weekly. Dass Bibliotheken hier (widerspruchslos?) für eine Site License das 10-fache des Printpreises bezahlten, hat NPG wohl zu diesem drastischen Preisgebahren ermutigt. Dafür spricht auch, dass die – nun – viel zu billigen (!!) Campuslizenzen für die Nature Research und die Nature Reviews Series in 2005 drastisch verteuert wurden – der Einzeltitel kostet nun – Tier 4 – 2.290 £ statt 800 £ (Ich kann die Zahlen beinahe nicht glauben).

Was sind die Konsequenzen? Einige Thesen:
1. Da nicht auf einmal sehr viel mehr hochqualitative Artikel geschrieben werden, werden die besseren Paper zu Nature abwandern und damit die restlichen Zeitschriften an Qualität verlieren. 2. Die Bibliothek wird – von Nutzerbedürfnissen getrieben – irgendwann die NCPs doch bestellen müssen. Da die vier Titel nur der Anfang sind und noch weitere sieben folgen werden (vier in 2005, drei in 2006), ist bei einer Komplettabnahme mit Mehrkosten von bis zu 68.574 € zu rechnen. Version 1: Die NCP werden als Printausgaben bestellt (9075 €). Werden dann unsere Ärzte wieder scharenweise in die Bibliothek kommen? Version 2: Die NCP als Campuslizenz erfordert eine kräftige Budgetaufstockung oder die Abbestellung hunderter Zeitschriften. Der Zeitschriftenmarkt würde sich endgültig als Haifischbecken etablieren. 3. Auswirkungen auf die Zugänglichkeit der Forschungsergebnisse: Es wird sich verschlechtern, da sich nicht alle alles leisten können/werden. Der Open Access-Gedanke wird angesichts des zunehmenden Profitstrebens der Verleger und des abnehmenden Interesse von Dekanaten in Bibliotheksetats zu investieren gestärkt, aber nichtsdestotrotz wird es weiter heissen: Publish in Nature, read BioMed Central

Die NPG gehört zur Macmillan-Gruppe und damit zur deutschen(!) Verlagsgruppe Georg von Holtzbrinck. (Die freuen sich über Ihre Mitteilung!).
Übrigens, NPG versteht sich als Teil der internationalen Forschungsgemeinde. Na, dann kann ja gar nichts mehr schiefgehen. 😉

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