Österreichische Universitäten für alle offen

Am 7. Juli 2005 hat der der Europäische Gerichtshof (EuGH) das Urteil gefällt, dass die österreichischen Universitäten den Zugang für Ausländer öffnen müssen. Während die bisherige Praxis für Ausländer diskriminierend gewesen sei, weil diese in ihrem Heimatland einen Studienplatz vorweisen mussten, um in Österreich studieren zu können, ist dies nun nicht mehr der Fall. Jeder, der die Reifeprüfung (Abitur) positiv abolviert hat, kann nun in Österreich studieren.
Auf der Homepage des österreichischen Bildungsministeriums sind die wichtigsten FAQs veröffentlicht, die in direktem oder indirektem Bezug zum EuGH-Urteil stehen.

Besonders dramatische Auswirkungen hat dieses von vielen erwartete EuGH-Urteil für die medizinischen Universitäten in Österreich:
2004 gab es in Deutschland 8.444 Medizinstudenten sowie 25.477 abgewiesene Bewerber, in Österreich 1.954 Medizinstudenten, wobei in Österreich bis zum Juli 2005 ein offener Hochschulzugang bestanden hat und niemand abgewiesen wurde, der die Studienvoraussetzungen erfüllt hat.

Mittlerweile sind die Studienplätze, die an den Medizinischen Universität Wien bzw. an der Medizinischen Universität Innsbruck angeboten worden sind und die nach dem Prinzip First come-first serve vergeben werden, längst überbucht:
In Wien wurden 900 der 1.560 Praktikumsplätze bereits vor dem 7. Juli fix vergeben; für die restlichen 660 Plätze erfolgten 300 Voranmeldungen aus Österreich und 900 aus Deutschland.
In Innsbruck haben sich für 550 Erstsemester-Plätze 1.450 Interessenten beworben, davon knapp 400 aus Österreich, über 900 aus Deutschland, der Rest aus Südtirol und anderen Ländern.

An der Medizinischen Universität Graz besteht die Möglichkeit zu einer Internet-Voranmeldung für Erstsemestrige, die Inskriptionsfrist beginnt erst am 1. September. Folgende Kriterien wurden festgelegt: nach dem ersten Semester werden im Rahmen eines Reihungsverfahrens (bestehend aus Eignungstest, Kenntnistest und Prüfungsleistungen) die besten 300 ausgewählt, die weiterstudieren dürfen.

Nachdem die heurige AGMB-Jahrestagung im September 2005 in Graz stattfinden wird, wird es hinreichend Gelegenheit geben, sich von der aktuellen Studiensituation an den österreichischen Universitäten ein Bild zu machen.

Bis dahin – und zum Überbrücken des Sommerlochs einige Literaturhinweise zu dieser Thematik:
* Alpen-Unis dicht: Österreich will keine Piefkes im Hörsal (Spiegel online 7. Juli 2005)
* Auf nach Österreich: Die Alpenrepublik muss ihre Hochschulen stärker für Ausländer öffnen. Das hat der Europäische Gerichtshof entschieden (sueddeutsche.de 7. Juli 2005)
* Nach EuGH-Urteil zu Universitätszugang: Österreich fürchtet deutschen Studentenansturm (tagesschau.de 7. Juli 2005)
* Schluss mit Diskriminierung ausländischer Studenten in Österreich (Deutsches Ärzteblatt 8. Juli 2005)
* Ansturm nach EuGH-Urteil: Wiener Medizin-Uni: Das Boot ist voll (DiePresse.com 12. Juli 2005)
* EuGH Urteil gefällt: Österreichische Unis für alle offen (Via medici online 12. Juli 2005)
* Deutscher Run auf Unis: Regierung bleibt stoisch (DiePresse.com 13. Juli 2005
* Deutsche Medizinstudenten drängen nach Österreich: Alle Plätze waren sofort belegt (Via medici online 13. Juli 2005)
* Kommentar: Hassliebe Österreich-Deutschland (Via medici online 14 Juli 2005)
* Universitäten: Der Maturantenschmäh (FAZ.NET 18. Juli 2005)
* Ansturm auf die Medizinische Universität Graz (Via medici online 21. Juli 2005)
* Uni-Rektor: „Die Landeskinder bevorzugen“ Die Presse.com 26. Juli 2005)

Allerdings kam das EuGHUrteil nicht ganz so überraschend, wie Zeitungsberichte vor dem 7. Juli beweisen:
* EuGH-Anwalt will Hörsäle öffnen (derStandard.at 21. Januar 2005
* Piefke-Alarm: Die Deutschen vor Wien (UniSpiegel online 3. Februar 2005)
* Medizinstudium in Österreich: Akademische Völkerwanderung (Deutsches Ärzteblatt 13. Mai 2005)
* Österreich fürchtet Flut deutscher Studenten (Financial Times Deutschland 28. Juni 2005)